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Veröffentlicht am 06­.07.2016

6.7.2016 - KNA

Vatikanpräfekt: Priester sollen wieder gen Osten zelebrieren

Der Vorstoß von Kardinal Robert Sarah (Präfekt der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung) bezüglich der Zelebrationsrichtung am 5. Juli 2016 auf einer Tagung in London hat für "helle Aufregung in höchsten Kirchenkreisen bis hinauf zum Papst" gesorgt.

> erste Stellungnahme von Wir sind Kirche dazu

Die Ausgangsmeldung:

London (KNA) Zurück in die Zukunft: Der Präfekt der vatikanischen Gottesdienstkongregation, Kardinal Robert Sarah, wünscht sich eine Rückkehr zur Messfeier in Richtung Osten. Es sei "sehr wichtig, dass wir schnellstmöglich zur gemeinsamen Ausrichtung von Priestern und Gläubigen zurückkehren, nach Osten oder zumindest in Richtung der Apsis, also auf den ankommenden Herrn hin", sagte Sarah laut dem Magazin "Catholic Herald" (Onlineausgabe) bei einer Liturgiekonferenz in London.

Als einen guten Termin für die Änderung nannte der Leiter der Gottesdienstkongregation den ersten Adventsonntag. Die Priester sollten so verfahren, wo immer es möglich sei. Dieser Schritt sei "gut für die Kirche und auch gut für unser Volk". Schon im Mai hatte der Kardinal in einem Interview der französischen Zeitschrift "Famille chretienne" erläutert, ab der Gabenbereitung sollten Priester und Gläubige gemeinsam Richtung Osten schauen. Sarah berief sich in seinen Ausführungen auf eine Bitte von Papst Franziskus. Dieser habe ihn beauftragt, Möglichkeiten zu einer "Reform der Reform" des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) im Bereich der Liturgie zu prüfen. Einige der Reformen nach dem Konzil seien zu sehr vom damaligen Zeitgeist beeinflusst gewesen und über die Liturgiekonstitution "Sacrosanctum Concilium" hinausgegangen. Die Konzilsväter hätten "keine Revolution, sondern eine Evolution" beabsichtigt, so der Kardinal. In der Liturgie gehe es nicht "um dich und mich", sondern um die Ehre Gottes.

Kirchen sind seit frühchristlicher Zeit nach Osten ausgerichtet. Dahinter steht der Gedanke an die Wiederkunft Jesu Christi am Jüngsten Tag. Im Begriff Orient (von lateinisch oriri, aufgehen) ist der Osten gekennzeichnet als die Richtung des Sonnenaufgangs. Die Sonne bringt Licht und Leben und ist so Symbol für Christus, der sich selbst auch als "Licht der Welt" bezeichnet. Seit der Liturgiereform nach dem Konzil zelebriert der Priester mit und zur betenden Gemeinde hin statt wie zuvor über Jahrhunderte "mit dem Rücken zum Volk". Die Liturgiekonstitution von 1963 forderte mehr Einsatz der jeweiligen Landessprache im Gottesdienst. Die Gläubigen sollten als Gemeinde aktiv ins liturgische Geschehen einbezogen werden; die Zentrierung auf den Priester tritt zurück.

Das neue römische Messbuch von 1969/70 ging weiter und schaffte die alte Tridentinische Messe ab, bei der die Priester das Messopfer mit dem Rücken zur Gemeinde feiern. Zahlreiche Traditionen und Riten wie etwa die Kanzelpredigt oder die "Stillen Messen" wurden abgeschafft.


Reaktionen:

Zelebrationsrichtung: Papst Franziskus stoppt Vorstoß von Kardinal Sarah
> katholisches.info 12.7.2016

Papst widerspricht nicht Kardinal Sarah
> kathnews 11.7.2016

Lombardi clarifies comments on liturgy by Cardinal Sarah
> Radio Vatican 12.7.2016









Erste Stellungnahme von Wir sind Kirche dazu

Der Präfekt der vatikanischen Gottesdienstkongregation, der Afrikaner Kardinal Robert Sarah, wünscht sich eine Rückkehr zur Messfeier in Richtung Osten. Es sei „sehr wichtig, dass wir schnellstmöglich zur gemeinsamen Ausrichtung von Priestern und Gläubigen zurückkehren.“ Das heißt im Klartext: Der Kardinal möchte, dass die „Geweihten“ dem „Volk“ wieder den Rücken zukehren. Offenbar sollen die „Kleriker“ den „Laien“ nicht mehr in die Augen schauen müssen.

Offensichtlich fehlt dem Präfekten der vatikanischen Gottesdienstkongregation (!) das richtige Eucharistieverständnis. Er müsste eigentlich wissen, dass jede Eucharistiefeier an das Letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern erinnert. „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (1 Kor 11, 23.24). Dies! Nämlich miteinander Mahl halten! Das Abendmahl soll ein Zeichen „brüderlicher Gemeinschaft“ und eine „Vorfeier des himmlischen Gastmahls“ sein (II. Vatikanum, GS 38). Nicht irgendeine christologisch verbrämte Sonnenaufgangsfeier. Wenn Jesus und die Jünger beim Letzten Abendmahl sich alle gemeinsam nach Osten ausgerichtet hätten, dann hätte Jesus das Brot und den Kelch über seinen Kopf hinweg nach hinten an die Jünger weitergeben müssen. Eine absurde Vorstellung.

Sarah war einmal ein katholischer Hoffnungsträger, mit 34 Jahren der jüngste Bischof der Weltkirche. Heute gilt der 70-Jährige aus Guinea als Wortführer des konservativen Flügels und als einer der schärfsten Widersacher des Papstes. Vor der Bischofssynode im Herbst 2015 sorgte er für Empörung, als er „Nazifaschismus damals, Homosexuelle und IS heute“ in Analogie setzte. Und weiter: „Wir befinden uns, um einen Slogan zu benutzen, zwischen ‚Gender-Ideologie und IS‘.“ Aus diesen beiden Polen erwüchsen die beiden Hauptbedrohungen für die Familie, auf der einen Seite „leichte und schnelle Scheidungen, Abtreibung“, Euthanasie, vertreten etwa durch die Gendertheorie, durch „Femen“, die LGBT-Lobby etc. Auf der anderen Seite stünde, so Sarah, die „Pseudofamilie im ideologisierten Islam, welche Polygamie, Abwertung der Frau, sexuelle Sklaverei, Kinderheirat“ etc. legitimiere. Er meint sogar, intuitiv „mehrere Hinweise“ zu haben, die auf eine „dämonische Herkunft“ dieser beiden Bewegungen deuten. Seine Forderung: „Keine Kommunion für Katholiken, die zum zweiten Mal heiraten, und kein Segen für homosexuelle Paare“ ist darum nur konsequent.

Im November 2015 hat Sarah ein Buch herausgegeben mit dem Titel „Gott oder Nichts. Ein Gespräch über den Glauben“ (Kißlegg 2015). Der australischen Kurienkardinal Pell bezeichnete das Buch als „ein katholisches Ereignis“ für die Kirche der Gegenwart. Der Verfasser des Vorwortes der deutschen Ausgabe ist Erzbischof Georg Gänswein. Zur Präsentation dieses Buches hielt er eine lange Rede. In der er auch hinwies auf die „Völkerwanderung aus dem Osten, die gegen die Grenzen Europas flutet.“

Zuletzt geändert am 12­.07.2016