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Veröffentlicht am 12­.11.2006

Ad limina-Besuche in Rom (2)

Enttäuschende Zwischenbilanz der Ad limina-Besuche in Rom

Pressemitteilung München, 12. November 2006

„Die Einschärfungen, Ermahnungen und Aufforderungen an die Bischöfe lassen nichts mehr von der Güte und Weite der Antrittsenzyklika ‚Deus Caritas est’ des Papstes spüren“, erklärt Christian Weisner für die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche zur Rede von Papst Benedikt XVI., die dieser zum Abschluss des Ad Limina-Besuchs der ersten Gruppe der deutschen Bischöfe am 10. November in Rom gehalten hat.

Nach erster Einschätzung der katholischen Reformbewegung ist die Botschaft des Papstes an die deutschen Bischöfe und damit auch an die gesamte römisch-katholische Kirche in Deutschland vor allem in folgenden Punkten problematisch und enttäuschend:

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  • Der alleinige Verweis auf kirchliche Traditionen (Absatz 2) ist rückwärtsgewandt und historisch unreflektiert. Er wird nicht ausreichen, der Säkularisierung und dem vom Papst beklagten Gottesverlust in der Gesellschaft offensiv und mutig zu begegnen.
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  • Die den Bischöfen aufgetragene Unterordnung der theologischen Forschung und Lehre unter das Lehramt (Absatz 5) widerspricht grundlegend der von Joseph Ratzinger als junger Theologe 1969 mitunterzeichneten Erklärung „Die Freiheit der Theologen und der Theologie”, in der es heißt, „die durch das Zweite Vatikanische Konzil wieder gewonnene Freiheit der Theologen und der Theologie zum Dienst an der Kirche darf heute nicht erneut gefährdet werden.“
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  • Die vom Papst empfohlenen strukturellen Änderungen in der Priesterausbildung (Absatz 6) gehen nicht den eigentlichen Ursachen für den Priestermangel – fehlendes zeitgemäßes und zukunftsweisendes Priesterbild – auf den Grund. Die mangelnde Berücksichtigung der Erkenntnisse der Humanwissenschaften für die Priesterausbildung ist erschreckend.
  • ­ Besonders wirklichkeitsfremd erscheinen die Aussagen zum Verhältnis von Priestern und Laien, das sogar der Papst als „dringendes wie emotional belastetes Problem“ erkennt (Absatz 8). Die Betonung der „spezifischen Sendungsprofile“ zielt auf eine vorkonziliare Zwei-Stände-Kirche von Priestern und Laien. Dazu Prof. Dr. Norbert Scholl, Religionspädagoge und theologischer Berater der KirchenVolksBewegung: „Jesus hat keine ‚sakramental-hierarchische Struktur’ seiner Kirche gestiftet. Er hat überhaupt keine Kirche gestiftet, sondern wollte Israel erneuern. Das alles sollte eigentlich ein Papst, der als glänzender Theologe gilt, wissen.“
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  • Die päpstliche Kritik an der in Deutschland immer wieder geforderten pastoralen Leitungsfunktionen auch durch Laien (Absatz 8) verkennt, dass diese in anderen Ländern kirchenrechtlich möglich ist und praktiziert wird. Die Papstrede erweckt dabei fälschlicherweise den Eindruck, als ob es dabei um Glaubenswahrheiten gehe. Die päpstliche Warnung vor „pastoralen Zweckmäßigkeiten“ zeigt die große Unkenntnis Roms in Bezug auf die pastorale Situation in Deutschland, die bei weiter zunehmendem Priestermangel zu einer pastoralen Verwüstung führen wird.

In einem „Offenen Brief“ hatte die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche die deutschen Bischöfe vor Beginn der Ad limina-Besuche dazu ermutigt, in Rom den weltweit drängenden Reformstau in der katholischen Kirche zur Sprache zu bringen. Doch lassen die Aussagen in der Rede des Papstes befürchten, dass aufrüttelnde Ergebnisse wie die Sinus-Studie und andere aktuelle religionssoziologische Studien in Rom weiterhin ignoriert werden.

„Selbst wenn sich bei diesem ersten Ad limina-Besuch der deutschen Bischöfe beim deutschen Papst der Umgangston geändert haben mag“, so resümiert Weisner, „die Positionen des Papstes haben sich in keiner Weise geändert. In dem langjährigen Konflikt um die Schwangerschaftskonfliktberatung hat Rom und hat Ratzinger ohnehin schon lange seine Position durchgesetzt.“

> Mehr zum Ad limina-Besuch bei Wir sind Kirche

Zuletzt geändert am 19­.11.2006