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Veröffentlicht am 02­.12.2005

2.12.2005 - KNA

Würzburger Synode: Jubiläum mit Fragezeichen

Die Würzburger Synode ist in die Jahre gekommen

Würzburg (KNA) Am Ende waren alle erschöpft, aber zufrieden. Als am 23. November 1975 die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik im Würzburger Kiliansdom ihre Pforten schloss, stand fest: Die katholische Kirche in Deutschland hatte ihre stärkste Zerreißprobe seit 100 Jahren überstanden. "Wir haben gelernt, miteinander zu streiten, ohne uns zu zerstreiten", bilanzierte Synodenpräsident Kardinal Julius Döpfner in seiner Schlussansprache und erntete stürmischen Beifall.

Die Versammlung, deren Jubiläum am Montag mit einem Festakt der Deutschen Bischofskonferenz in Würzburg gefeiert wird, war ein historisches Ereignis: Erstmals berieten alle deutschen Bistümer gemeinsam über ihre Zukunft, besaßen Laien nicht nur Rede-, sondern auch Stimmrecht. Wenn Bischöfe eine Abstimmung verhindern wollten, mussten sie vorher ein Veto einlegen. Die katholische Kirche in Deutschland sammelte ihre ersten Erfahrungen mit parlamentarischen Gepflogenheiten.

Möglich gemacht hatte dieses bis heute einmalige Verfahren Papst Paul VI. Er genehmigte die Geschäftsordnung der Synode entgegen dem damals geltenden Kirchenrecht, in das die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) noch nicht eingearbeitet waren. Dieses hatte nur wenige Jahre zuvor die Stellung der Laien maßgeblich gestärkt. Der Wind des Wandels wehte durch die Kirche. In die allgemeine Aufbruchstimmung mischten sich unter dem Eindruck der 68er revolutionäre Töne.

In der Studentenschaft entstanden Aktionskreise, die sich "Katholische Gesellschaft für Demokratie und Kirche" nannten oder "Kritischer Katholizismus", Vorläufer der "Kirche von unten" und der Kirchenvolksbewegung. Ebenfalls 1968 war die Enzyklika "Humanae Vitae" erschienen. Der Papst hatte sich darin für ein striktes Verbot der Empfängnisverhütung entschieden - gegen die vom Münchner Kardinal Döpfner angeführte Mehrheit seiner Berater.

Die deutschen Bischöfe reagierten mit der "Königsteiner Erklärung", die den Vorrang des Gewissens bei der elterlichen Familienplanung betont. In dieser aufgeheizten Situation gelang es der Synode, trotz der bisweilen hart aufeinander prallenden Gegensätze ein Auseinanderdriften der Kirche in Deutschland zu verhindern. "Wir wurden zu einem Prozess gezwungen, dem wir einen neuen Stil des Miteinander-Redens und Miteinander-Umgehens zwischen Bischöfen, Priestern und Laien verdanken, und den möchten wir nicht mehr missen", resümierte Döpfner, damaliger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Er hatte sich in der Synode aufgerieben und starb nur wenige Monate später.

Der Sitzungsmarathon zog sich über vier Jahre hin. Heraus kamen18 Beschlüsse und 6 Arbeitspapiere zu fast allen Bereichen kirchlichen Lebens. Sie veränderten nachhaltig den Religionsunterricht und die kirchliche Jugendarbeit. Neue Seelsorgeberufe wie der des Pastoralreferenten entstanden. Die Gestalt des spezifisch deutschen Systems der Katholikenräte wurde festgelegt. Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken vereinbarten eine kollegiale Zusammenarbeit. Die Mitverantwortung aller Getauften für die Kirche wurde immer wieder betont. Die Pfarrgemeinden sollten ihr Versorgungsdenken aufgeben und ihr Leben selbst in die Hand nehmen.

Manche Themen der Würzburger Synode wie die Stellung der Frau in der Kirche oder der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen werden bis heute kontrovers diskutiert. Unterschiedliche Ansichten gibt es auch zum Verbindlichkeitsgrad der Synodenbeschlüsse. Dasselbe gilt für die Frage, ob es nicht höchste Zeit für eine Neuauflage der Synode sei. Zu viel Aufwand, zu viel Papier, fürchten die Skeptiker. Die Befürworter sehen den Schwung von damals schwinden. Indes hat das Kirchengesetzbuch von 1983 den Rechtsrahmen stark verändert. Die Würzburger Spielregeln würden heute wohl nicht mehr die Zustimmung Roms finden.

Von KNA-Redakteur Christoph Renzikowski

Zuletzt geändert am 21­.07.2007