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Veröffentlicht am 26­.10.2015

26.10.2015 - schwaebische.de

Synode: „Lasches Kompromisspapier verabschiedet“ Kirchenkritiker sehen zu viel Angst auf der Synode – Hoffnung auf Papst Franziskus

Ulm sz Die offene innerkirchliche Reformbewegung „Wir sind Kirche“ ist von den Ergebnissen der Familien-Synode in Rom enttäuscht. Ihr Sprecher Christian Weisner sagte im Gespräch mit Ludger Möllers, dass nur kleine Schritte nach vorn für geschiedene Wiederverheiratete und fast nichts für Homosexuelle erreicht worden sei. Die Hoffnungen der Kirchenkritiker ruhen auf dem Papst.

Kann man das Ergebnis der Synode für Laien verständlich erklären?

Obwohl der Synodentext die bisher übliche rigoristische Sprache zu vermeiden versucht, sind viele Antworten doch in der alten theologischen Denke. Und vieles erinnert an den Satz: „Gut, dass wir drüber gesprochen haben“, bleibt also unkonkret. Dies ist umso enttäuschender, als die Bischöfe ja die „Hausaufgabe“ hatten, konkrete Lösungsansätze mitzubringen.

Sind Sie mit der Bilanz zufrieden?

Nein, mit dem Ergebnis kann man nicht zufrieden sei, denn es gibt fast keine konkreten Ergebnisse. Die deutschen Katholiken hatten sich mehr gewünscht und erwartet. Sogar Kardinal Marx hat sich unzufrieden gezeigt, dass für Homosexuelle so wenig erreicht worden ist.

Was ist denn erreicht worden?

Die großen Probleme wie Flucht, Gewalt und prekäre Arbeitsverhältnisse wurden zu wenig angesprochen und als existenzielle Probleme wahrgenommen. Wie soll denn ein Familienleben geplant werden, wenn die Grundlagen dafür fehlen? Aber die Kirche verabschiedet sich mit dem Synodenpapier von einem idealisierenden Familienbild und nimmt wahr, dass es überall Krisen geben kann. Und die Kirche ist auf dem Weg, sich nicht länger als Richterin, sondern als Begleiterin der Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen zu sehen. Da ist der Abschied von einer rigoristischen Sprache wichtig.

Wird sich der Kirchenumgang mit Paaren, die nach einer Scheidung wieder geheiratet haben, ändern?

Hier ist ein winziger Türspalt geöffnet worden. In der deutschsprachigen Gruppe hat Kardinal Müller, der Leiter der römischen Glaubenskongregation, zugebilligt, dass diese Paare in Ausnahmefällen zu den Sakramenten zugelassen werden können. Ein erster Schritt. Die Kirche muss sich davon verabschieden, bei geschiedenen Wiederverheirateten von permanenter Sünde zu sprechen.

Und die Homosexuellen?

Die Homosexuellen sind sicher besonders enttäuscht, denn die Synode spricht sich gegen die Anerkennung von Lebensgemeinschaften aus. Sie bleibt auf dem Stand des Katechismus von 1993 stehen, in dem ebenfalls nur von Respekt die Rede war.

Welche Hoffnungen setzen Sie auf Papst Franziskus?

Zu bedauern ist, dass die Synodenväter nicht den Mut haben, der Aufforderung Franziskus’ zu folgen, neue Wege zu gehen. Sie haben ein doch eher lasches Kompromisspapier verabschiedet. Jetzt ruhen alle Hoffnungen und auch unsere auf dem Papst.

Wie begründen Sie diese Hoffnung?

In seiner Ansprache vom Samstag verwendet der Papst eine andere Sprache als die der Synodenväter. Sie ist auf die Lebenswirklichkeit bezogen und fordert zu mehr Realitätssinn auf. Daher ist die Hoffnung berechtigt, dass die von Angst besessenen Gegner jeder Reform am Ende nicht die Oberhand behalten werden.

Welche nächsten Schritte sind Ihrer Meinung nach angezeigt?

Nun müssen wir sehen, welche Inhalte das Schreiben des Papstes zur Synode bringen wird. Leider wirken auch konservative Kräfte wie die Kardinäle Pell und Sarah daran mit. Die deutschen Bischöfe stehen in der Pflicht, endlich wieder synodale Elemente auf allen Ebenen zu installieren, so wie es zuletzt bei der Würzburger Synode vor 40 Jahren war.

Wie muss die Kirche aussehen, um zeitgemäße Antworten auf drängende Fragen geben zu können?

Die Kirche muss akzeptieren, dass wir in einer globalisierten Welt leben und dass es weltweit Unterschiede gibt. Es ist daher nötig, für die unterschiedlichen Kulturzonen unterschiedliche Antworten zu geben. Das gilt auch für Ehe und Sexualmoral.

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Zuletzt geändert am 26­.10.2015