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Veröffentlicht am 03­.09.2022

Axel Stark

Brief an Bischof Dr. Bertram Meier zum Thema Abtreibung

Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Bertram Meier,

es gibt katholische Kreise, die am liebsten den deutschen Synodalen Weg "abtreiben" würden, wenn sie könnten. Sie sind leider auch kein "großer Verteidiger" dieses Synodalen Weges mit Ihrer ständigen Kritik.

 

Nun zu Ihrem angesprochenen (bei Domradio Köln v.1.9.22) Thema "Abtreibung":

  • "Der Schutz des menschlichen Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod steht für mich auf der Prioriätenliste der kath. Kirche ganz oben." Dem stimme ich voll zu, es kommt aber auf die von uns gewählten Methoden des Schutzes an! Statt die Mitverantwortung der kath. Kirche / Moraltheologie, Theol. Anthropologie, Moralpädagogik usw. zu sehen, die bis heute unfähig ist, offiziell die veralteten Theorien zu verbessern, wird diese wichtige Aufgabe einfach geleugnet und dadurch eine gute Lösung verhindert. (In den USA gibt es militante Gruppen, auch mit kath. Mitgliedern, die gegen Abtreibung, dafür für ein sehr liberales Waffenrecht und für die Todesstrafe usw. eintreten. Da wird überdeutlich, dass man das Eintreten gegen Abtreibung politisch massiv instrumentalisieren kann. Trump lässt grüßen, auch so ein militanter Abtreibungsgegner.)
  • "Jesus: Ihr seid in der Welt, aber nicht von der Welt": Warum hat die Kirche dann hauptsächlich die "weltlichen Mittel" (Staatsanwalt/StGB) gegen Abtreibung eingefordert? Warum kann sich die Kirche nicht auf die eigene Aufgabe der (verbesserten) Sexualpädagogik, -moral, auf Beratung/Begleitung/Erziehung und Bildung konzentrieren, die sie bisher vernachlässigt? Da steckt noch die frühere Sichtweise in den Knochen, dass die Kirche entscheidet/verurteilt und der Staat das dann exekutiert, z.B. bei Ketzerverbrennungen.
  • Es ist bitternötig, dass die Amtskirche und ihre "Hof-Moraltheologen" den ganzen Komplex "Abtreibung" genau und differenziert analysieren, die vielfältigen Ursachen (z.B. Verantwortung der Männer) erkennen und dann eine realistische "Gegenstrategie zur Abtreibung" entwickeln, die mit christlichen Methoden arbeitet und nicht z.B. rechtspolitischen Gruppen in Polen/USA usw. zuarbeiten.
  • Schlimm war der Ausstieg aus der Beratung, durch Papst JP II gegen die Mehrheit der dt. Bischöfe erzwungen. Das hat zu mehr statt zu weniger Abtreibungen geführt. Der Papst konnte die Bischöfe als "Ohnmächtige" vorführen, Kamphaus von Limburg war der "letzte Aufrechte", aber die Katholiken konnte er mit dieser Methode nicht überzeugen. Die moralische Autorität der beiden Päpste JP II und Benedikt (damals Glaubenspräfekt) hat dadurch stark gelitten. Die Methode "par ordre du mufti" ist heute selten erfolgreich!
  • Und wenn Sie als Bischof nicht wollen, dass Frauen, die legal in Dt. abtreiben können, zu sog. "Engelmacherinnen" gehen und dann mit gesundheitlichen Schäden und ggf. Tod rechnen müssen, dann muss man eine korrekte medizinische Abtreibung - durchaus leider - ermöglichen. Abtreibung dadurch zu bekämpfen, dass man die Engelmacherinnen unterstützt statt die Ärzte, das ist verquer. Sie sollten deshalb die üblen Angriffe gegen Frau Dr. Stetter-Karp nicht befeuern, sondern die Präsidentin des ZdK unterstützen!
  • Ich wünsche mir von Ihnen als Bischof, dass Sie sich nicht dem "Zeitgeist rückwärtsgewandter, rechtspolitischer Gruppen" unterordnen. Helfen, beraten, Begleiten, Bilden und Erziehen: das sind Ihre Aufgaben. Denn das dt. Strafrecht zwingt keine Frau zur Abtreibung: wenn man den Frauen überzeugend und glaubwürdig hilft, kann man viele Abtreibungen verhindern.
  • Wir beide sind im Ziel der Ablehnung von Abtreibungen einig, aber bisher nicht in der Methode! Ihre Methode scheint mir kontraproduktiv zu sein.
  • Eine wirklich "geistlich erneuerte Kirche", die Sie zurecht fordern, wird auch das bisherige "System Kirche" verbessern können und müssen, damit künftig der vielfältige Missbrauch und die systematische Vertuschung keine Chance mehr in der Kirche haben. Nur so kann die Kirche eine glaub- und vertrauenswürdige, arme und dienende (Congar, Katakombenpakt), barmherzige (Franziskus), Frieden und Gerechtigkeit (Pius XII.) fördernde usw. Kirche werden, deren oberstes Gesetz das Heil aller Seelen ist (c. 1752 CIC/1983)

pax et bonum

Axel Stark
Diplomtheologe, Akademischer Oberrat a.D.

axelharaldstark@web.de

Zuletzt geändert am 05­.09.2022