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Veröffentlicht am 09­.10.2010

9.10.2010 Freising

„Das Volk Gottes ernst nehmen“

Theologieprofessor Peter Neuner fordert Aufwertung des Laienapostolats

Freising, 9. Oktober 2010. Eine Aufwertung des Laienapostolats in der katholischen Kirche hat der Theologieprofessor Peter Neuner gefordert. „Es gilt, den Begriff laós wieder in dem Sinne ernst zu nehmen, den er vom Ursprung her hatte, nämlich die Bezeichnung für die Kirche als Ganze“, sagte Neuner bei der Vollversammlung des Diözesanrates der Katholiken in der Erzdiözese München und Freising am Samstag, 9. Oktober, auf dem Domberg in Freising. Der Diözesanrat ist die oberste Vertretung der Laien in der Erzdiözese.

Das griechische Wort „laós“, „Volk“, bezeichne in der Bibel nicht die einfachen Leute oder das unterdrückte Volk, sondern das Volk Gottes im Gegensatz zu den Heiden, erläuterte Neuner. „Der Begriff Laie unterscheidet die Gläubigen von den Ungläubigen, das Volk vom Nicht-Volk, die Christen von den Nicht-Christen. Er bezeichnet aber nicht unterschiedliche Stände innerhalb der Kirche.“ Erst später entwickelte und verfestigte sich die Differenzierung in Laien und Klerus und damit die Bestimmung der Kirche vom Klerus, den Amtsträgern, her: „Die Einheit von Gottes laós war einer Zwei-Klassen-Gesellschaft gewichen.“

Erst das Zweite Vatikanische Konzil habe die Kirche wieder vor allem als Volk Gottes verstanden und die Rolle der Laien in der Kirche neu bestimmt: „Sie haben teil am Apostolat der Kirche.“ Mit dieser Aufwertung des Laien, so Neuner, wurde allerdings die Definition des Begriffes unscharf: „Wenn der Laie als Glied des Volkes Gottes im biblischen Sinn verstanden wird, dann wird die gegenseitige Abgrenzung von Laien und Klerikern notwendigerweise unscharf.“ Neuner forderte, statt einer Theologie des Laien eine Theologie des Volkes Gottes zu entwickeln. „Wenn die Wirklichkeit des Volkes Gottes in den kirchlichen Organisationsformen realisiert, wenn Strukturen und Entscheidungswege etabliert wären, die dem Volk Gottes angemessen sind, dann müssten wir uns nicht den Kopf zerbrechen über die Entwicklung einer eigenen Laienspiritualität.“ Der Theologe kritisierte, dass Vollmachten in der Kirche immer noch fast völlig dem Klerus vorbehalten seien und die Organisationsformen des Volkes Gottes kaum Entscheidungskompetenzen hätten, und schloss seinen Vortrag vor den etwa 150 Delegierten des Diözesanrates mit der Feststellung: „Es gibt Zeichen dafür, dass in unserer Theologie und in unserer kirchlichen Praxis die Wirklichkeit des Volkes Gottes noch nicht entsprechend ernst genommen wird.“ (gob)

http://www.erzbistum-muenchen.de/Page006352_20789.aspx

Referat von Professor Neuner:
"Pfarrgemeinde- und Katholikenräte für eine zukunftsfähige Kirche."

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Zuletzt geändert am 16­.10.2010