Katholikentag Saarbrücken 2006

„Gerechtigkeit in der Kirche“ war der Schwerpunkt, mit dem sich die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche am 96. Deutschen Katholikentag "Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht“ in Saarbrücken beteiligt hat.

Wir sind Kirche auf der Kirchenmeile



Unser an allen drei Tagen sehr gut besuchter zentraler Info-Stand und Treffpunkt auf der Bahnhofstraße/ Ecke Viktoriastraße mit den "Gesprächen am Jakobsbrunnen" zu aktuellen Themen in Kirche und Gesellschaft mit kompetenten Gästen, „Wasser des Lebens“, der Brief-Aktion an Papst Benedikt zu seinem Deutschlandbesuch und vielem mehr.

Wir sind Kirche-Veranstaltungen im Katholikentagsprogramm

Unter dem besonderen Akzent „Gerechtigkeit in der Kirche“ hat die KirchenVolksBewegung drei Veranstaltungen im Programm des Saarbrücker Katholikentags vorbereitet und durchgeführt.

Braucht Mutter Kirche nur brave Kinder?
Den Christinnen und Christen die Freiheit

Donnerstag 25. Mai 2006 ... 12:30 - 14:00 im Saarbrücker Schloss



Auf dem Podium (v.l.n.r.): Prof. Dr. Peter Krämer (Kirchenrechtler), Sigrid Brüggemann (Frauenwürde e.V.), Majella Lenzen (ehem. Ordensfrau) und Dr. Ulrich Harbecke (ehem. Leiter Programmgruppe Religion und Bildung beim WDR Fernsehen als Moderator)

Nach dem Christi-Himmelfahrt-Gottesdienst auf dem Schlossplatz nahmen viele Menschen den Weg in den Festsaal des Schlosses, der schon 25 Minuten vor Beginn unserer Veranstaltung wegen Überfüllung geschlossen werden musste. Viele mussten wieder gehen, da keine Möglichkeit bestand, die Veranstaltung nach draußen zu übertragen. Das Podium war mit kompetenten aber auch mit betroffenen Persönlichkeiten besetzt. Dr. Harbecke war ein versierter Moderator, der gekonnt zu den wichtigen Themen hinführte.

Mariella Lenzen schilderte in bewegenden Worten die Not vieler Menschen Tansanias und die Schwierigkeiten, die ihr widerfuhren, als sie dort im Lande Aidskranken helfen wollte. Rom und der Orden verstießen Frau Lenzen wegen des Einsatzes für Hilfsbedürftige. Frau Lenzen steht nun mittellos und ohne Altersversorgung da.

Sigrid Brüggemann berichtete von der großen Anstrengung, nach dem Verbot Roms wegen Schwangerschaft in Notgeratenen zu helfen. Die Gründung von "Frauenwürde e.V.", dem zur KirchenVolksBewegung gehörenden Verein zur Förderung von Schwangerschaftskonfliktberatung in Trägerschaft katholischer Frauen und Männer, ist eine Antwort verantwortungsbewusster Menschen. Für alle, die sich - aktiv oder durch finanzielle Unterstützung - in der Konfliktberatung engagieren, kommt nun eine neue Konfliktsituation. Es steht eine römische Verordnung bevor, dass alle die sich in diesem Sinne engagieren, aus den kirchlichen Ehrenämtern ausscheiden müssen.

Prof. Dr. Peter Krämer, Kirchenrechtler in Saarbrücken und auch Berater des Trierer Bischofs Dr. Reinhard Marx, fiel der schwierigste Part in dieser Runde zu. Er verteidigte in den meisten Fällen in großer Solidarität die Position der Kirche.

Prof. Dr. Gotthold Hasenhüttl, der im Publikum anwesend war, stellte Prof. Krämer die Frage, warum er bei der Beurteilung seines Tuns in Berlin immer von „Interkommunion“ spreche und nicht, wie es wirklich war, von einer „Offenen Kommunion“. Die Antwort, es gäbe nicht viel Unterschied zwischen beiden Begriffen und überhaupt wisse man, was gemeint sei, war für viele nicht zufriedenstellend.

Auch die beiden in Peru ausgegrenzten Befreiungstheologen Fr. Zabala Martínez OP und Fr. Amando Herranz Angulo OP aus Peru saßen bei dieser Veranstaltung im Publikum gaben Zeugnis von ihrem Mut machenden Einsatz für eine andere, den Menschen zugewandte Kirche.

Das Publikum nahm die Möglichkeit der Diskussion gerne an mit zahlreichen Fragen zur Gerechtigkeit in der Kirche und zur Freiheit in der Forschung. "Brauchen wir eine brave Kirche?" fragte ein Teilnehmer ganz am Schluss, den Titel der Veranstaltung umdeutend. (KG / CW)


Pressezentrum des Katholikentags:
Mehr Mitsprache von Laien in der Kirche gefordert


* * *

Sind die Gemeinden noch zu retten? Europa gehen die Priester aus.
Freitag 26. Mai 2006 ... 16:30 - 18:00 in der Arbeitskammer



Auf dem Podium (v.l.n.r.): Prof. Dr. Paul-Michael Zulehner (Pastoraltheologe, Wien / Österreich), Elke Kreiselmeyer (Gemeindeleiterin, Therwil / Schweiz), . Moderation: Britta Baas (Publik-Forum, Oberursel) und Pfr. Wolfgang Herrmann (Herbrechtingen)

Gut 170 Zuhörerinnen und Zuhörer fanden Platz, fast ebenso viele mussten leider, da uns ein zu kleiner Raum zugewiesen worden war, wieder weggeschickt werden.

Plakativ und provokativ prophezeite Paul Michael Zulehner das bevorstehende Sterben der Gemeinden, das eine Folge des „raumpflegerischen Umgangs“ mit dem Problem des Priester- und des Geldmangels sein werde. Er bekam kräftigen Gegenwind von der Schweizer Gemeindeleiterin Elke Kreiselmeyer: Gemeinden mit einer potenten Gemeindeleitung, die durchaus nicht geweiht sein muss, die hingegen die Mitwirkung der Gemeindeglieder motiviert und fördert, sind nicht nur überlebensfähig sondern entwickeln eine neue, eigenständige Lebensqualität.

Pfarrer Wolfgang Herrmann verdeutlichte am Beispiel des Pfarrverbandes Herbrechtingen, mittlerweile bestehend aus sechs unterschiedlich großen und völlig verschieden geprägten Gemeinden, wie durch gut durchdachte und organisierte Aufgabenteilung zwischen Priester, Diakon und Gemeindereferentin die Gemeinden Begleitung erfahren und zu einem lebendigen „Selbst-Sein“ finden. Das Leitmotiv in diesen Gemeinden ist „Von der Komm-her-Kirche zur Geh-hin-Kirche“ und so spielt die Präsenz des Glaubens im Alltag sowohl bei öffentlichen als auch bei privaten Ereignissen eine wichtige Rolle.

Die Diskussion mit dem Publikum brachte sowohl die Frustration nicht nur angesichts an Gemeindeentwicklung wenig interessierter Kleriker sondern auch ebensolcher Gemeinden zum Ausdruck, ebenso aber auch die große Bereitschaft, sich für die Gemeinden zu engagieren.

Ein Patentrezept, wie die Gemeinden denn nun zu retten seien, gab es am Ende nicht. Aber es wurde deutlich: Die Überlebenschancen sind groß, wenn nicht Priesterzentriertheit und Abschottung sondern Öffnung und zugelassene wie auch wahrgenommene Mitverantwortung das Leitbild des Gemeindelebens bestimmen. (SG)

* * *

Kirche wird ökumenisch sein – oder sie wird gar nicht sein
Samstag 27. Mai 2006 ... 14:30 - 16:00 in der Marienschule



Auf dem Podium (v.l.n.r.): Prof. Dr. Johannes Brosseder (römisch-katholisch, Köln), Dr. Elisabeth Raiser (evangelisch, Berlin), Moderatorin Anna Gann (Karlsruhe)



Weiter auf dem Podium (v.l.n.r.): Moderatorin Anna Gann (Karlsruhe), Henriette Crüwell (alt-katholisch, Bonn). Prof’in Dr. Dorothea Sattler (römisch-katholisch, Münster) sowie Prof. Dr. Athanasios Vletsis (orthodox, München).

In der vollbesetzten Turnhalle des Ökumenezentrums Marienschule wurde festgestellt, dass die Spaltung der Kirchen und Konfessionen nicht mehr zwischen diesen besteht, sondern viel mehr zwischen den jeweiligen Amtskirchen und ihrem Kirchenvolk. Nach der Einigung über die Rechtfertigungslehre im Jahr 1999 hatte man gehofft, dass ein wesentlicher Schritt zur gegenseitigen Akzeptanz und Annäherung vollzogen wäre. Auch das Eucharistieverständnis ist - zumindest was die römisch-katholische und die lutherische Kirche betrifft - weitgehend einvernehmlich.

Doch noch immer ist das Amts- und Kirchenverständnis der römisch-katholischen Kirche die größte Blockade für die Ökumene. Dieses beruht aber zum großen Teil auf Irrtümern und Fehlinterpretationen, z.B. bei der Sukzessionslehre. Für die derzeitige Situation fand die Alt-Katholikin Henriette Crüwell das Bild eines „Sandkastens“, in dem sich jede Konfession in eine Ecke zurückgezogen hat und nur mit den eigenen „Förmchen spiele" (Profilsuche). Spaß mache das „Spiel“ aber erst, wenn alle miteinander und auch mit den „Förmchen“ der anderen spielen können.

Ich habe den Eindruck, dass unsere Botschaft angekommen und die Mehrzahl der engagierten Laien mit uns konform ist. Ganz besonders im Punkt Ökumene. Es wurde offen davon gesprochen, dass man z.B. an der Basis das gemeinsame Abendmahl praktiziert. (EMK)


Veranstaltung außerhalb des Katholikentag-Programms

„Wo kämen wir hin ...?“ Nicht nur beim Abendmahl: Der Skandal der Trennung
Samstag 27. Mai 2006 ... 20:00 - 22:00
im bis auf den letzten Platz besetzten Saarländischen Staatstheater



Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Gotthold Hasenhüttl (links) (Saarbrücken), Moderatorin Britta Baas (Publik-Forum, Oberursel, rechts) und Prof. Johanna Haberer (München, nicht im Bild)
Prof. Dr. Fulbert Steffensky (Hamburg) konnte wegen einer plötzlichen Erkrankung leider nicht teilnehmen.

Musikalische Gestaltung: Flois Knolle-Hicks (Hambach) und Bernd Hans Göhrig (IKvu, Frankfurt am Main)

Kooperationsveranstaltung von Leserinitiative Publik e. V., Publik-Forum, Ökumenisches Netzwerk Initiative Kirche von unten, Bundes-ESG und KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche.
Ein ausführlicher Bericht über diese Veranstaltung ist in Publik-Forum erschienen.

Downloads:

Wir sind Kirche-Programm-Flyer zum 96. Deutschen Katholikentag Saarbrücken 24.-28. Mai 2006
(PDF 52 KB)

Programm der Wir sind Kirche-"Gespräche am Jakobsbrunnen"
(Magdalena Bogner und Wolfgang Thierse waren spontane Gäste am Jakobsbrunnen anstelle des erkrankten Prof. Dr. Fulbert Steffensky)
(PDF 18 KB)

Interview mit Prof. DDr. Gotthold Hasenhüttl: "Ich habe keine Minute bereut" zum Katholikentag in Saarbrücken, Publik-Forum Nr. 9/2006 (www.publik-forum.de)
(PDF 185 KB)


Franz Wieser (Peru): Gerechtigkeit in der Kirche
(PDF 13 KB)


Links:

> Presse-Echo Teil 1
> Presse-Echo Teil 2

> Webseite des Katholikentags 2006

> mehr zum Thema "Ökumene und interreligiöser Dialog"

> mehr zum Thema "Eucharistische Gastfreundschaft"

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Zuletzt geändert am 17­.07.2008