1.10.2000 - Kolpingblatt EXTRA

„Ökumene ist keine Illusion, Ökumene ist Pflicht"

Unterschiedliche Visionen von Kirche – Zulehner: Kolpingwerk als Hoffnungsträger

„Es lag wohl ein Missverständnis vor, als die Kirchenschäfchen ihren Hirten sagten, sie müssten mal eben austreten", sinniert Tobias Tschöpe vom KasselerKirchenKabarett. „Wissen Sie, wie Meinungsaustausch auf römisch geht? Der Papst hat eine Meinung und die Kirche tauscht sie aus", meint Hobby-Kabarettist Marcus Leitschuh. Mit ihrer Einlage führten die beiden ins Thema „Kirchenträume ein.

Das Podium zu dieser Thematik war hochkarätig besetzt. Neben Jugendbischof Franz- Josef Bode und dem Wiener Pastoraltheologen Paul Zulehner nahmen Eva-Maria Kiklas von der Initiative „Wir sind Kirche", Petra Henn von „Pro Kirche" und Bernhard Mittermaier, Vorsitzender des Kolping- Bundesfachausschusses „Kirche mitgestalten" an der Diskussionsrunde teil.

Eva-Maria Kiklas erneuerte für die Initiative „Wir sind Kirche" die 1995 von 1,8 Millionen Menschen unterzeichneten Forderungen nach mehr Demokratie in der Kirche und einer Gleichberechtigung der Frauen. Die Katholische Kirche brauche eine Entflechtung von Zwangszölibat und Priesteramt, einen anderen Umgang mit dem Thema Sexualität und müsse die Frohbotschaft so verkünden, dass sie nicht als Drohbotschaft misszuverstehen sei. Petra Henn sieht eine Zukunft der Kirche vor allem dann, „wenn sie auf die Menschen zugeht". Kirche solle die neuen Medien als Chance verstehen.

„Ökumene ist keine Illusion, Ökumene ist Pflicht", erläutert Bernhard Mittermaier unter dem Beifall der rund 400 Zuhörer, das Engagement vieler Kolpingsfamilien in dieser Richtung. Für Paul Zulehner ist Kolping auch „ein Stück begründete Hoffnung". Er wünscht sich das Kolpingwerk als eine Art altkirchlichen Diakon, der sich um die Benachteiligte kümmert und auch die Bischöfe immer wieder belehrt, "damit sie wissen, was los ist". Kirche müsse intelligentere Projekte starten, so der Wiener Pastoraltheologe. „Wenn wir die Kirche weiter gefährden wollen, dann langweilen wir die Menschen weiter." Die Kirche ist krank, so seine Analyse, deshalb beschäftige sie sich auch nur mit sich selbst – wie es jeder tue, der von einer Krankheit geplagt sei. Das Engagement der Kirche fehle daher dort, wo Menschen in Gefahr seien, Verlierer zu werden.

Bischof Franz-Josef Bode wünscht, „dass die Kirche wieder mehr den Hunger der Menschen wahrnimmt". Er versuche, Frauen in seiner Diözese eine weitere Teilhabe in der Kirche zu ermöglichen. Paul Zulehner stellte dazu eine gewagte These auf: „Die Entwicklung der Frau in der Kirche steht an der Nichtentwicklung der Männer an." KS

Zuletzt geändert am 03­.07.2007