01.12.2005 - Stern

Papst Benedikt XVI. besucht Deutschland

Auf seiner ersten Auslandsreise wurde Papst Benedikt XVI. in Köln beim Weltjugendtag begeistert empfangen. Besondere Aufmerksamkeit fand sein Besuch in einer Synagoge.

Vor dem viertägigen Besuch von Benedikt XVI. war mit Spannung erwartet worden, ob dem im April gewählten Papst von den Jugendlichen die gleiche Sympathie entgegen gebracht würde wie seinem Vorgänger Johannes Paul II. Der Besuch wurde für den neuen Papst zu einem Erfolg. Der aus Bayern stammende frühere Kardinal Joseph Ratzinger wurde in Köln von den jungen Pilgern aus 193 Nationen mit Jubel und Applaus, "Benedetto"- Rufen und La-Ola-Wellen begeistert gefeiert. Die Abschlussmesse hielt er vor mehr als einer Million Jugendlichen. Der Papst nahm die Huldigungen gerührt entgegen.

Mehrfach unterstrich Benedikt, wie sehr ihm die Jugend am Herzen liegt. Doch richtete er zum Abschluss des Jugendtags auch die konkrete und nicht gerade populäre Forderung an die jungen Pilger, sonntags in die Kirche zu gehen, die Beichte neu zu entdecken und den Glauben nicht zum Konsumgut verkommen zu lassen.

Der Sprecher der Reformbewegung "Wir sind Kirche", Christian Weisner, merkte an: "Der Jubel, der Johannes Paul II. galt, ist auf die Person Ratzinger übergesprungen." Inhaltlich sei er von den Jugendlichen aber nicht verstanden worden. Von der Mehrheit der Jugendlichen nicht geteilte kirchliche Positionen - wie zur Empfängnisverhütung, Homo-Ehe und Zölibat - sprach Benedikt nicht an. Kritisch äußerten sich kirchliche Reformgruppen auch zum Personenkult. Der Glauben solle sich letztlich nicht am Papst sondern an Gott und dem Evangelium ausrichten, sagte Weisner.

Bemerkenswert war, dass Benedikt eine Synagoge in Köln besuchte. Nur sein Vorgänger Johannes Paul II. hatte zuvor diese außergewöhnliche Versöhnungsgeste gezeigt. In einer Rede verurteilte Benedikt jede Form von Antisemitismus und rief Christen und Juden zur verstärkten Zusammenarbeit für Gerechtigkeit und Frieden auf. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, zeigte sich von der Rede tief berührt, der Papst sei unmissverständlich gewesen und habe nichts ausgelassen.

Zuletzt geändert am 15­.11.2006